Am nächsten Morgen klagte Anna über heftige Ohrenschmerzen. Wir
 sind dann nach Belturbet zum Arzt gefahren. Die Sprechstundenhilfe war
 eine absolute irische Schönheit und insgeheim bedauerte ich es ein
 wenig, dass nicht ich der Kranke war, der von der holden Schönheit
 verbunden werden musste.

 Der Arzt, ein Pakistani, war auch sehr nett und obwohl Anna kaum ein
 Wort von dem verstand, was er sprach, hatte sie schnell Vertrauen zu
 ihm.

 Nach eingehender Untersuchung verschrieb der Arzt Anna ein
 Antibiotikum, welches wir dann in einer nahe gelegenen Apotheke
 umsonst (!) ausgehändigt bekamen.

 Auch beim Arzt brauchten wir nichts zu zahlen.
 So sind eben die Iren.
 Und hier in Deutschland kriegt Ullalala Schmidt keine Gesundheitsreform
 hin.

 Nach Belturbet sind wir dann wieder in den Shannon-Erne-Waterway
 gebogen und die Preisfrage lautet jetzt, wo wir die nächste Nacht
 verbracht haben?

 Na, … denkt mal an die Kinder.

 Richtig, - geht doch, - in Swan Island auf der Animal Farm. (Papa, guck
 mal, wie groß die Hündchen schon geworden sind, die können wir jetzt
 bestimmt mit nach Deutschland nehmen).

 Wir verbrachten wieder einen wunderschönen Abend auf der Farm und
 haben erneut ausgezeichnet gegessen.

 Es war der Vorabend unseres letzten Tages in Irland. Noch zweimal
 schlafen, dann mussten wir wieder nach Deutschland zurück.

 ***

 Lady Bridget und ich waren jetzt bereits seit zwei Jahren auf der Flucht.
 Im ganzen Land wurden wir von den Schergen Thomas Cromwells gejagt.
 Auf unsere Köpfe waren hohe Belohnungen ausgesetzt. Es wurde immer
 schwieriger irgendwo Unterschlupf zu finden. Und auch wenn Lady
 Bridget und ich uns prächtig verstanden und unsere Liebe von Tag zu Tag
 inniger wurde, war die ständige Flucht doch kein Leben, das man
 dauerhaft führen konnte.

 Es war Bridget, die mich dazu überredete, zurück nach Crom Castle zu
 gehen und mit Hilfe des Onkels von Thomas wieder Frieden herzustellen
 und irgendwie einen Waffenstillstand zu vereinbaren.

 Sir Richard hatte ein gemeinsames Treffen im Schloss für den Morgen
 des 3. Juni 1506 vereinbart. Auf sein Geheiß hin sollten wir die Nacht
 vorher im Crichton Tower verbringen. Thomas hatte seinem Onkel
 versprochen, dass er uns dort unbehelligt lassen würde.

 Aber Thomas hatte seinen Onkel angelogen. Seine unabänderliche Gier
 nach Rache hatte ihn regelrecht krank gemacht.

 Im Crichton Tower waren wir ihm noch einmal ganz knapp entkommen. Jetzt
 versteckten wir uns im dichten Unterholz auf Inishfendra und hofften, dass wir
 unentdeckt blieben. Thomas mag zwar krank gewesen sein, aber er war beileibe
 nicht dumm. Als er feststellte, dass wir ihm im Crichton Tower entkommen waren,
 ahnte er sofort, dass wir uns nach Inishfendra durchgeschlagen hätten. Sofort
 befahl er seinen Männern die Insel zu durchforsten.

 Als wir die Fackeln immer näher auf uns zukommen sahen, wussten wir, dass wir
 sicher bald entdeckt würden.

 'Lasst uns zum Schloss schwimmen', sagte Lady Bridget, 'wenn wir schon sterben
 müssen, dann in aller Öffentlichkeit, jedenfalls nicht hier, wo es keiner
 mitbekommt und Thomas unsere Leichen heimlich verschwinden lassen kann'.

 'Ja', sagte ich, 'schwimmen wir zur Höhle des Löwen'.

 Völlig durchnässt erreichten wir das Schloss nach Mitternacht und baten um
 Einlass. Die Wachen erkannten uns sofort und nahmen uns fest. Es war Thomas'
 Onkel, Sir Richard, der den Wachen Einhalt gebot und ihnen befahl, uns sofort
 wieder von unseren Fesseln zu befreien.

 Mittlerweile hatte Thomas auf Inishfendra erfahren, dass wir uns im Schloss
 aufhielten. Sofort bestieg er mit seinen Männern die Kähne und setzte über. Als er
 zum Schlosstor kam, war dieses verschlossen. Thomas war außer sich vor Wut
 und herrschte die Torwächter an, sofort zu öffnen. Aber da erschien Sir Richard auf
 der Schlossmauer in Begleitung von zahlreichen Soldaten, die mit ihren hellen
 Fackeln die dunkle Nacht aufhellten.

 Mit kräftiger Stimme sprach Sir Richard die folgenschweren Worte:

 'Thomas', schallte es durch die Nacht, 'Ihr seit es nicht wert, den Namen Cromwell
 zu tragen. Ihr habt die Ehre Eurer Familie mit Schmutz besudelt und ich werde nun
 dafür Sorgen, dass Euch die Herrschaft über unser Volk wieder entzogen wird. Ich
 will Euch aber trotzdem die Chance geben, Wiedergutmachung zu üben und
 erlaube Euch fortan als einfacher Mann weiter in unserer Mitte wohnen zu bleiben.
 Wenn ihr das aber nicht wollt, so werdet Ihr mit sofortiger Wirkung verstoßen und
 müsst Crom Castle heute Nacht noch auf immer und ewig verlassen'.

 Mit versteinerter Miene hatte Thomas die Worte seines Onkels vernommen. Mit
 Zorn im Gesicht wandte er sich ab und befahl seinen Männern ihm zu folgen. Vom
 Schloss aus beobachteten wir, wie sie zurück in ihre Kähne stiegen und hofften
 inständig, sie würden ablegen und nie wieder zurück kehren.

 Aber sehr bald stellten wir fest, dass Thomas einen teuflischen Plan hatte.
 Plötzlich erhellten ganz viele Fackeln den Nachthimmel am Ufer und wenig später
 surrten zahllose brennende Pfeile durch den Nachthimmel, flogen hoch über die
 Schlossmauer hinweg und blieben in den hölzernen Dächern stecken und
 entfachten diese sofort.

 

 

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