Plötzlich flog die Tür auf und zwei Wachen, die den Lärm gehört hatten,
 kamen ins Zimmer geeilt.

 'Überlasst den Verräter mir, sperrt ihr die Frau in den Kerker', schrie
 Thomas wie von Sinnen.

 Im letzten Moment konnte ich dem Schlag eines Schwertes aus dem
 Weg gehen. Reflexartig trat ich dem Wachmann in den Bauch, worauf
 dieser zu Boden sackte und sein Schwert aus der Hand verlor.
 Blitzschnell ergriff ich das Eisen und konnte mich nun dem Kampf mit
 Thomas stellen. Beidhändig wehrte ich mit aller Kraft seine
 Schwertschläge ab und bemühte mich meinerseits, Thomas nicht zu
 verletzen. Trotz allem war er immer noch mein Freund, mein Bruder. Aus
 dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass Lady Bridget sich aus dem
 Griff des zweiten Wachposten hatte befreien können. Aus einer
 Körperdrehung heraus gelang es ihr sogar, das Schwert des Soldaten
 aus der Scheide zu ziehen und hielt ihm nun die Schwertspitze an den
 Hals, sodass der Wächter zur Salzsäule erstarrte und es nicht wagte,
 sich zu bewegen.

 Weitere Soldaten eilten nun herbei und die Situation wurde für Lady
 Bridget und mich immer prekärer.

 'Zum Fenster, Lady Bridget, springt', rief ich Thomas Ehefrau zu. Diese
 tat wie ihr geheißen. Kurz hintereinander sprangen wir beide aus dem
 zweiten Stock von Crom Castle. Wir landeten etwas unsanft auf dem
 hölzernen Schrägdach eines Pferdestalls. Von da aus rutschten wir
 hinunter, sprangen dann zu Boden und rannten wie aus Leibeskräften zu
 einem nahen Waldstück.

 'Ihnen nach!', hörten wir Thomas oben am Fenster schreien, und der erste
 Soldat sprang auch sogleich hinaus auf das Vordach. Dieses gab aber
 unter der Wucht des Aufpralls nach, das Holz splitterte und das Dach
 zerbrach in tausend Stücke und begrub den Soldaten unter sich.

 Für die anderen war es ohne Dach nun viel zu hoch, ebenfalls aus dem
 Fenster zu springen. Somit mussten sie erst durchs Haus laufen, um ins
 Freie zu gelangen.

 Das verschaffte Lady Bridget und mir genug Vorsprung, um unsere Flucht
 erfolgreich fortzusetzen.

 ***


 Wir erreichten Belleek gegen Mittag und sind dann sogleich in Mickeys
 Angelladen gegangen, den ich noch von meiner Herrentour her kannte. Mickey ist
 ein wahrer Gentleman, very british, und immer zu einem Scherz aufgelegt. Er freut
 sich, wenn Deutsche in seinen Laden kommen, dann kann er seine profunden
 Deutschkenntnisse zum Besten geben, was immer wieder für Erheiterung bei
 allen Beteiligten sorgt. Wir erstanden eine Dose bester Regenwürmer und baten
 Mickey dann, uns ein Taxi zu rufen, welches uns nach Smugglers Creek fahren
 sollte. Mickey wählte die Nummer bestimmt ein Dutzend mal, ein Taxi hat er aber
 nicht erreicht. Da sagte er zu uns: 'Wenn es mir nicht gelingt, Ihnen ein Taxi zu
 besorgen, dann fahre ich Sie eben selbst'…

 Etwas verblüfft ob so großer Gastfreundlichkeit stiegen wir wenige Augenblicke
 später in seinen Rover ein und fuhren Richtung Meer.

 Ich wollte Mickey die Fahrt bezahlen, aber er wollte das Geld unter keinen
 Umständen annehmen. Wenn wir mal wieder in Belleek wären, sollten wir in
 seinen Angelladen kommen und wieder ein paar Würmer kaufen, dann wäre das
 völlig in Ordnung, meinte er, gab jedem zum Abschied freundlich die Hand und
 fuhr dann wieder zurück nach Belleek.

 Die Aussicht vom Smugglers Creek hoch oben über die weitläufige Bucht ist
 einfach sensationell. Im Gegensatz zu meinem Osterbesuch war die Bucht heute
 aber ziemlich gut besucht. Eine Vielzahl von Autos und Caravans parkten im
 festen Sand. Britta und mir kam es vor, als wären wir hier mitten in einen 
 Wettbewerb um den schönsten und kräftigsten Sonnenbrand geraten. Krebsrot
 saßen sie da zu Hunderten im Sand, spielten Beachball und tobten im flachen
 Wasser.

 Und sie standen in zwei langen Reihen vor einer Fish&Chips Bude.

 Da haben unsere Kinder unisono gerufen: 'Pommes! Wir wollen Pommes!'. 
 Ja,  klar, endlich mal was vernünftiges zu mampfen. 
 Immer nur Selbstgekochtes hält ja kein Kind aus.

 

 

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